© Pastor Tobias Kiene - St. Anna Kapelle, Wülfte

St. Anna Wülfte

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Die St. Anna Kapelle in Wülfte wurde um das Jahr 1690 errichtet und erstmals in historischen Dokumenten erwähnt. Ursprünglich als schlichter Rechteckbau konzipiert, wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg erweitert. Dank des Engagements der Dorfgemeinschaft und Unterstützung aus den Nachbargemeinden konnte der Bau finanziert werden – trotz eines beachtlichen Kostenvoranschlags von 35.000 Mark. Im Mai 1920 legte der Paderborner Diözesanbaumeister Kurt Matern die endgültigen Pläne vor, und am 1. Juni 1921 wurde der Grundstein gelegt. Nur ein Jahr später, am 25. Juni 1922, konnte die Kapelle feierlich eigeweiht werden.

Die Glocke

Schon bei ihrer Errichtung 1690 erhielt die Kapelle ihre erste Glocke. Mit einem Durchmesser von 48 cm und einem Gewicht von 65 kg war sie auf den Ton „g“ abgestimmt. Sie rief nicht nur zu Gebeten und Gottesdiensten, sondern diente auch als Signal für Versammlungen und bei Bränden. Ihr eingravierter Spruch lautete:
„Wenn meine Stimme tönt umher, gib Du dem Höchsten Preis und Ehr!“

Im Zweiten Weltkrieg wurde diese Glocke 1942 eingeschmolzen, doch noch im selben Jahr erhielt die Kapelle eine neue Glocke. Diese wog 90 kg und war auf den Ton „d““ abgestimmt – allerdings ohne Verzierung, da dies in Kriegszeiten untersagt war. Die Glocke fand ihren Platz im kleinen Turm auf dem Dach der Kapelle.

Kunstvolle Details im Inneren

Der Altar, vermutlich seit der Einweihung ein fester Bestandteil der Kapelle, wird durch zahlreiche Holz- und Steinfiguren ergänzt. An den Außenwänden finden sich Bilder, die den Glauben stärken sollen, darunter der 14 Stationen umfassende Kreuzweg, der in den Seitengängen hängt.

Die Außenansicht

Ein Blick auf die St. Anna Kapelle in Wülfte erzählt Geschichten von Glauben, Gemeinschaft und Tradition. Auf der rechten Seite zieht ein beeindruckendes Holzkreuz die Aufmerksamkeit auf sich. Dieses Missionskreuz, errichtet im Jahr 1927, erinnert an die Volksmission, die in jener Zeit die Gemeinde prägte.

Über der Eingangstür findet sich eine historische Inschrift in Stein:
„DEO IN MEMORIAN SANNAE A-B-G-O-T-P-W-E 1690 = Errichtet im Jahre 1690 auf Veranlassung von Bartholomäus Gerwins aus Wülfte, Priester des Deutschen Ordens.“

Besonders eindrucksvoll ist die steinerne Darstellung von Jesus, der unter der Last des Kreuzes zusammenbricht. Sie befindet sich rechts neben der Tür – ein Entstehungsdatum dieser Skulptur ist allerdings nicht überliefert.

Weniger sichtbar, aber von großer Bedeutung, sind zwei versteckte Steinplatten, die spannende Details über die Geschichte der Kapelle preisgeben.

Professor Dr. Hellmanns – Ein Seelsorger, der Spuren hinterließ

Von 1943 bis 1956 wurde die Wülfter Gemeinde von ihrem ersten und einzigen eigenen Seelsorger begleitet: Professor Dr. Hellmanns. Neben seinem Amt als Religionslehrer engagierte er sich leidenschaftlich für die Gemeindearbeit und bot Nachmittagsstunden in Christenlehre für ältere Schüler an. Nach seinem Weggang im Jahr 1954 blieb er besonders tief mit Wülfte verbunden und kehrte oft an diesen Ort zurück. Bei seinem letzten Besuch am 10. Juni 1958 verstarb er unerwartet. Seinem Wunsch entsprechend fand er seine letzte Ruhe auf dem Friedhof von Wülfte – ein Beweis für seine innige Verbundenheit

Die St. Anna Kapelle erzählt vom Leben und Glauben der Wülfter und lädt ein, Geschichte und Glauben zu entdecken.

Text: Carolin Becker (Text wurde von der Redaktion gekürzt)